Stadtlandschaften von Innsbruck bis Irkutsk : Lyrik und Prosa

Stadtlandschaften von Innsbruck bis Irkutsk, 2003
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Medienart Buch
ISBN 978-3-85185-020-8
Systematik B02 - Sammelwerke
Systematik WEB - Importe aus Online-Katalogisierung
Schlagworte Tirol/Literatur, LYrik
Verlag Turmbund-Verl.
Ort Innsbruck
Jahr 2003
Umfang 141 S.
Altersbeschränkung keine
Band 5
Reihe Texttürme
Sprache deutsch
Annotation Die Texttürme des Turmbundes erscheinen zum fünften Mal. Die 5. Anthologie für Lyrik und Prosa beschäftigt sich mit Stadtlandschaften. Innsbruck macht sich zwar im überwiegenden Teil der Texte breit, doch auch Berlin, Moskau, Paris, München, Hong Kong, Wien, Jicin und eben Irkutsk finden ihren Platz. Liest man den Titel, so könnte man sich fragen, wollten die Verfasser alle Städte, die im Alphabet zwischen IN und IR liegen, erfassen. Oder sollten die Städte, die geographisch dazwischen liegen, betrachtet werden. Durch die Texte wurde hauptsächlich Innsbruck, wurden fast ausschließlich europäische Städte und hier zumeist West- und Mitteleuropa berücksichtigt. Fragt man, warum im Titel von Stadtlandschaften die Rede ist, so beantwortet sich dies bei näherer Betrachtung der Texte. Und man muss sagen, dass das Auffinden von landschaftlichen Strukturen in Städten seinen Reiz hat. Einige Beiträge lösen diese Aufgabe hervorragend. Doch nun zu den Texten: Will man mit Innsbruck beginnen, kommt man nicht an Barbara Hundegger vorbei. Sprachgewandt führt ihre Lyrik durch die Alpenstadt, die eine Anziehungskraft auf alle Täler rundherum aufbringt. Die Bäuerinnen aus dem Oberland, die Wipptalerinnen, die O-Dorf Schwestern, alle strömen in die Mitte hin zum Stadtturm und der Annasäule und können nicht mehr warten auf ihre Politik. Trotz des eher historisch anmutenden Anfangs, der an Andreas Hofer und Tirol anno 1809 erinnert, arbeitet Barbara Hundegger mit Themen wie Transit, Kinderlosigkeit und Gastarbeiterinnen. Sie erfreut durch ihre Sprachgewandtheit und ihren Sprachwitz. Beide Gedichte stammen aus und in den schwestern schlafen vergessene dinge (1998). Einer, der sich auch aufmacht, um sich mit der Nordkette und der Hofburg zu beschäftigen, ist Peter Teyml. Sein Text trägt den Titel Karwoche in Innsbruck und den Untertitel "nicht unlyrische Prosaskizze". Mit knappen Worten entwickelt er die Geschichte einer Frau, die dem Erzähler zu Ostern im Café gegenüber sitzt. Die Skizze spielt mit Beobachtungen und Mutmaßungen. Kurz denkt man auch noch über das Schreiben nach, wenn der Erzähler wegen des Inhalts auf einen Reim verzichten muss. Klaus Schebesta hat sich den Frühling in Innsbruck vorgenommen. Der Titel Frühlingserstarren lässt sofort Assoziationen zu Franz Wedekinds Frühlingserwachen aufkommen. Wird dort jedes Aufbrechen von Knospen sofort erstickt, so scheint es in Schebestas Text noch viel schlimmer zu sein. Der Frühling ist schon vorüber ohne richtig begonnen zu haben. Die Farbe grün kommt nicht vor, alles bleibt grau und weiß. "Ich hätte es wissen müssen: In Innsbruck ist auf den Frühling kein Verlass." Schreibt er und entführt den Leser auf die Hungerburg und durch den Wald zum Alpenzoo. Seine Prosa hinterlässt Spuren in der Anthologie. Auf eine ganz andere Art beschäftigt sich Christoph W. Bauers Lyrik, die aus dem Buch die mobilität des wassers müsste man mieten können stammt, mit Innsbruck. In seinen Texten wird neben dem Ort Innsbruck auch über Sprache nachgedacht, doch bei ihm passiert dies viel intensiver. Das versteinerte Dasein der Stadt, die mit dem Rücken zur Wand steht, wandelt sich in ein Liebeslied. Das "tandaradei" der Minnesänger findet man auch im Sprachrhythmus wieder. Durch die Gegebenheiten der Stadt wird der Eindruck eines Minneliedes verstärkt. Nicht umsonst findet der Walterplatz in der letzten Zeile Platz. Eine der geographisch nächsten Städte ist Graz, und Elisabeth Ebenberger hat ihre Erzählung dort angesiedelt. Stadtbild Graz. Fuchsien am Fenster lässt zwei Erzählstränge um eine Person aufblühen. Zum einen handelt es sich um das Preisausschreiben, an dem das Ich unberechtigterweise Teil nimmt, und zum anderen um den Gesprächsstoff mit der Mutter und beide beruhen auf den Fuchsien. Die Blumen demonstrieren nicht nur die Grundlage, sondern auch den Seelenspiegel des Ichs. Ist das Ich verzweifelt, vertrocknen und verschrumpeln die Fuchsien. Sieht es einen Ausweg, bilden sich Knospen auf den Pflanzen. Rom findet sich in Karl Lubomirskis Gedicht ein. Die alte Stadt wird durch Blüten, Bäume, Touristen und Müll zugedeckt. Der Kern bleibt im Verborgenen. Man fühlt den heißen Sommertag, der nur durch die Zypressen mit ihren tief hängenden Ästen gemildert werden kann. Vor dem Betrachter "kräuselt" sich das rege Treiben durch die Straßen. Es ist schmutzig und doch dunkel schön. Zuletzt steht noch Irkutsk aus. Der Text beschließt, wie schon im Titel versprochen, die Anthologie. Marion Jerschowa spannt einen straffen Bogen zwischen dem Europa, das Irkutsk wohl meist nur auf der Landkarte oder aus Museen kennt, und dem Stadtzentrum mit der Leninstatue. Die Zerrissenheit der Stadt kommt sowohl durch die Flüsse, die sie durchschneiden - nicht durchziehen, die europäische und asiatische Seite, den Zwiebeltürmen und den Plattenbauten und schließlich der Religion und Lenin zum Ausdruck. Texte von Bosko Tomasevic, Heidi Dejaco, Dorothea Macheiner und andere tragen zu dem sehr bunten Bild der Anthologie bei, die zum Weiterlesen einiger Autorinnen und Autoren anregen kann und soll. *Brenner-Archiv / Literaturhaus am Inn* Barbara Hoiß